Im Mai 2022 reiste Silviana Long, unsere Verantwortliche für private institutionelle Partnerschaften, in unsere Projektregion in Zentralmosambik, um Projekte von Solidar Suisse vor Ort zu besuchen. Wer sind die jungen Menschen, die von Ihnen und unseren Partnern unterstützt werden? Wie sieht ihre Realität vor Ort aus? Ein Augenschein aus Mosambik.
Mosambik steht vor grossen Herausforderungen: Neben der Tatsache, dass es eines der ärmsten Länder der Welt ist, wird es auch regelmässig von Naturkatastrophen erschüttert und gehört zu den Ländern, die den Folgen des Klimawandels besonders stark ausgesetzt sind. Doch vor allem auf die junge Bevölkerung – 45 Prozent sind unter 15 Jahre alt – wartet eine weitere Herausforderung: Sie müssen einen Arbeitsplatz finden. Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung und informelle Beschäftigung sind Mühsal, die junge Menschen und insbesondere junge Frauen bedrohen.
Das Projekt: Berufsausbildung und Integration in den Arbeitsmarkt
Wie können Jugendliche unterstützt werden, damit sie eine Arbeitsstelle finden und über ein besseres Einkommen verfügen? Solidar Suisse, dessen Koordinationsbüro in der Stadt Chimoio in Zentralmosambik angesiedelt ist, unterstützt besonders gefährdete Studentinnen und Studenten. Zum Beispiel mit der Vergabe von Stipendien oder einem Beitrag an die Unterkunftskosten. Auch die Ausbilder*innen der öffentlichen und privaten Partnerschulen werden in ihren pädagogischen Fähigkeiten gestärkt. Darüber hinaus nehmen Jugendliche, die ein Unternehmen aufbauen möchten, an einem Wettbewerb teil. Die besten Projekte werden von Solidar Suisse und den Partner-Berufsbildungsinstitutionen mindestens ein Jahr lang unterstützt. Unsere Kollegin Silviana Long hat sich auf den Weg gemacht, um drei Unternehmen kennenzulernen, die den Wettbewerb gewonnen haben.
Auf Entdeckungsreise durch die Unternehmen
«Luncheonette»
von Elsa Pedro Massingue und Tamara Pedro Munchanga in Chigodole
Das erste Unternehmen, das Silviana Long besucht, ist die «Luncheonette» in Chigodole, eine Viertelstunde von Chimoio entfernt. Eine «Luncheonette» ist ein kleines Restaurant, in dem warme und kalte Speisen serviert werden. Es befindet sich an der stark befahrenen Hauptstrasse in einem Gebäude der mosambikanischen Post. Im Inneren befinden sich eine Bar und einige Tische. Draussen gibt es weitere Tische und Stühle, um das Essen zu geniessen. Die Gruppe wird von Elsa Pedro Massingue, der Leiterin, und ihrer Kollegin Tamara Pedro Munchanga begrüsst. Silviana Long verbringt einen Moment mit Elsa, die ihr von ihrem Unternehmen erzählt.
Elsa Pedro Massingue: «Kochen war schon immer meine Leidenschaft, meine Grossmutter und meine Mutter sind beide begnadete Köchinnen und haben mir viel beigebracht. Daher war es für mich selbstverständlich, an diesem Projekt teilzunehmen. Im Institut wurden wir gut vorbereitet: Wir haben gelernt, ein Projekt zu gründen, einen Geschäftsplan zu erstellen, mit Schwierigkeiten umzugehen, ein Unternehmen zu führen, eine Beziehung zu den Kundinnen und Kunden aufzubauen und zu pflegen. So war die Umsetzung des Start-ups relativ einfach. Am wichtigsten waren für mich Marketing und Unternehmensführung, wie man Kunden anzieht, ihnen einen Service und eine Umgebung bietet, die sie dazu bringen, wiederzukommen. Ich fühle mich als Unternehmerin sehr wohl und es macht mir Spass, unser kleines Restaurant zu führen. Mein grosses Ziel ist es, ein Unternehmen zu haben, das in der Provinz Manica als Referenz angesehen wird.»
«Ich träume von einem Catering-Service, der Bankette und Buffets mit Dekoration für Partys und Hochzeiten liefert. Ich habe bereits mit der Konzeption und Planung begonnen.»
Metallbauunternehmen
von Abrao Paulo Pedro und Pezai Geraldo Saize in Piloto
Das Start-up für Metallarbeiten befindet sich an einer ungeteerten Nebenstrasse in Piloto, ausserhalb von Chimoio. Silviana Long lernt die beiden Gründer, Abrao Paulo Pedro und Pezai Geraldo Saize, kennen. Ihr Start-up ist gut sichtbar, denn sie haben ihre Arbeiten am Eingang ausgestellt: Öfen zur Herstellung von Kohle, Werkzeuge und kunstvoll gefertigte Gitter für Türen und Fenster. Auf einem kleinen handgeschriebenen Schild steht «Metallverarbeitung, Kunsthandwerk». Silviana Long nimmt im Innenhof im Schatten eines Baumes voller gelber Blumen, Platz, um sich mit Abrao auszutauschen, der ihr stolz von seinem Unternehmen erzählt.
Abrao Paulo Pedro: «Es gibt wirklich nichts, was ich an diesem Beruf nicht mag. Pezai und ich leiten das Unternehmen gemeinsam und führen vor allem Auftragsarbeiten aus: Fensterrahmen, Metallrahmen für Türen und Metalltore. Wenn wir keine Aufträge haben, stellen wir Kohleöfen, Werkzeuge und andere kleine Utensilien für die Laufkundschaft her. Wenn wir viel Arbeit haben, kommt ein anderer Jugendlicher und hilft uns. Wir träumen davon, unsere Produkte in ein paar Jahren in Serie herzustellen und sie an ein Unternehmen in Chimoio zu verkaufen, das ein Stammkunde wäre. Es wäre schön, wenn wir diesen Traum verwirklichen könnten.»
«Mein Ziel ist es, anderen jungen Menschen Arbeit zu verschaffen. Es gibt so viele Leute hier in Mosambik, die nach ihrer Ausbildung keine Arbeit finden. Vielleicht können wir unser Geschäft so weit ausbauen, dass wir irgendwann Angestellte haben.»
Hühnerzuchtbetrieb
von Gercia Marina Bernardo Jose, Magita Jorge und Adelino Pedro, Tambara
Das dritte Unternehmen, das unsere Kollegin besucht, befindet sich in einem Aussenbezirk von Chimoio, in Tambara, am Ende einer roten Sandstrasse, die in eine Sackgasse führt. Silviana Long und ihre Begleitgruppe werden in einen Hinterhof geführt, wo sie auf Gercia Marina Bernardo Jose, Magita Jorge und Adelino Pedro treffen, die alle drei einen Hühnerzuchtbetrieb leiten. Die Hühner, eine lokale Rasse, befinden sich in einem separaten Gebäude. Die Hühner erhalten nur Vitamine und biologisches Futter. Die drei Jugendlichen, die dieses Projekt entwickelt haben, werden von der Firma Higest betreut, die ihnen auch die Küken liefert. Silviana Long lernt Gercia kennen, eine selbstbewusste junge Frau, die gerne lacht.
Gercia Marina Bernardo Jose: «Wir haben am 28. Dezember 2021 mit unserem Unternehmen begonnen. Wir ziehen die Küken auf, bis sie einen Monat alt sind, und verkaufen sie dann. Wir hatten zunächst 300 Küken, dann haben wir auf 200 reduziert, weil das zu viel für uns war. Wir verkaufen die Hühner auf Märkten, in Bars und Restaurants in der Umgebung. Wir sind bereits bekannt und die Kunden rufen uns an, um zu erfahren, ob wir wieder Hühner haben. Adelinos Mutter arbeitet in einem Restaurant, wo sie jetzt unsere Hähnchen verkaufen. Sie kann stolz sagen: «Sie essen gerade ein Huhn, das mein Sohn aufgezogen hat.» Unser Hauptziel ist es, zu wachsen und ein grosses Unternehmen mit mehreren Filialen hier in Chimoio zu haben, das anderen jungen Leuten Arbeit gibt. In ein paar Jahren würden wir gerne selbstständig sein.»
«Bisher wurde ich von meiner Mutter finanziell unterstützt, doch nachdem ich das Start-up-Unternehmen gegründet hatte, konnte ich mein eigenes Geld verdienen. Ich hoffe, dass wir bald in der Lage sein werden, unsere Familien finanziell zu unterstützen.»
Jugendliche beim Erreichen ihrer Ziele begleiten.
Um dieses Projekt umzusetzen, arbeiten wir mit fünf Berufsbildungsinstituten in Mosambik zusammen, die die staatlichen Anforderungen erfüllen. Dieses Projekt wird zudem von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten, EDA, mitfinanziert. Vielen Dank auch an die Spenderstiftungen und Mitglieder von Solidar Suisse, dank denen wir jungen Menschen unter die Arme greifen und sie bei der Verwirklichung ihrer Träume und Ziele unterstützen.
Kommentare