Guatemala: Der Kampf der Frauen gegen Gewalt

In Guatemala sind Frauen, insbesondere aus indigenen Gemeinschaften, weit verbreiteter geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt, die in einem patriarchalen System verankert ist. Letztes Jahr wurden über 22'000 Fälle von geschlechtsbasierter Gewalt gemeldet. Um dieser Gewalt entgegenzuwirken, unterstützt Solidar Suisse Organisationen wie AGIMS, die Frauen durch gemeinschaftliche Aktionen für Gerechtigkeit und die Wahrung ihrer Rechte stärken. In diesem Artikel teilen wir die Geschichten von Frauen, die mit Unterstützung von AGIMS für ihre Rechte kämpfen.

Die Arbeit von AGIMS zugunsten indigener Frauen

98 % der von AGIMS unterstützten Frauen stammen aus Kaqchikel-Gemeinden, einer ethnischen Gruppe der Maya-Zivilisation. AGIMS setzt sich für die Rechte dieser Frauen ein, insbesondere durch Ausbildungsprogramme, Präventionskampagnen gegen Gewalt, Förderung der Bürgerbeteiligung, rechtliche Unterstützung von Frauen, die ihre Täter anzeigen, Förderung der Bildung und Verteidigung der Rechte indigener Völker.

Die geschlechtsspezifische Gewalt betrifft insbesondere indigene Frauen, da sie mit Armut konfrontiert sind, nur eingeschränkten Zugang zu Bildung haben und Schwierigkeiten haben, Arbeit zu finden, da die Gesellschaft davon ausgeht, dass eine Frau sich um ihren Haushalt kümmern muss. Diese Frauen sind somit wirtschaftlich von ihrem Partner oder Ehemann abhängig und sozial isoliert. Frühverheiratungen und frühe Schwangerschaften sind daher häufig. Unsere Partnerorganisation AGIMS leistet diesen Frauen entscheidende Unterstützung.

Erfahrungen von guatemaltekischen Frauen

Vilma Siney, 35

«Wenn man jung ist, denkt man: Das wird mir nicht passieren, ich merke es, wenn ein Mann mir Dinge verbietet oder gewalttätig wird.» Als Vilma Siney den zukünftigen Vater ihrer Kinder traf, war sie Studentin an der Universität, aber ihr Partner wollte, dass sie ihr Studium abbricht. Danach drängte er sie, ihre Arbeit als Lehrerin wegen des Klatsches aufzugeben. «Ich gehorchte ihm und hörte auf zu arbeiten, ohne zu wissen, dass dies eine Waffe werden würde, die er benutzt, um mich zu manipulieren, zu erpressen und mich von meiner Familie und der Gesellschaft zu isolieren. Anfangs war er fürsorglich, liebevoll, aufmerksam und achtete auf mich. Aber mit der Zeit wurde er besitzergreifend, eifersüchtig, impulsiv, und mehrmals hat er mich geschlagen. Er verbot mir alles und liess mich nicht gehen.»

Fotograf: Victorino Tejaxún

Gladys Xiquin, 40

Als Kind geht Gladys Xiquin nicht zur Schule, da in ihrer Gemeinschaft die Meinung vorherrscht, dass Frauen nicht studieren sollten. Daher lernt sie weder lesen noch schreiben. Nach dem Tod ihres Vaters muss sie ihre Familie wirtschaftlich unterstützen. Mit 13 Jahren beginnt sie daher, als Hausangestellte zu arbeiten. Sie wird von ihrem Chef sexuell belästigt und einer ihrer Onkel versucht, sie zu vergewaltigen. «Man hat mir nicht geglaubt und mich aus dem Haus gejagt. Ich musste unter einem Baum schlafen und essen, was man mir gab, oder die Mülltonnen durchsuchen.»
Kurz darauf landeten auch ihre Mutter und ihre jüngeren Brüder auf der Strasse. Um aus dem Elend herauszukommen und ihre Familie zu unterstützen, willigte sie ein, bei einem Mann zu leben, der ihr seine Hilfe anbot.

Fotograf: Victorino Tejaxún

Rosa María Raxón, 22

Als Kind möchte Rosa María Raxón wie ihr Vater Konzertina spielen lernen, aber ihre Eltern waren der Ansicht, dass es sich um ein Instrument für Männer handelt. Im Alter von dreizehn Jahren wird sie mehrfach von einem Nachbarn sexuell missbraucht, der ihr droht, sie zu schlagen, wenn sie darüber spricht. «Als ich klein war, habe ich nicht verstanden, was dieser Mann mit mir gemacht hat, aber als ich älter wurde und uns in der Schule davon erzählt wurde, habe ich es verstanden. Ich wusste nicht, wie ich diesen Schmerz und die Scham in mir loswerden sollte; ich fühlte mich schmutzig und benutzt», sagt Rosa María Raxón.

«Ich hatte das Gefühl, dass ich in meinem kindlichen Körper erwachsen geworden war, weil ich Dinge erlebt hatte, die ich nie hätte erleben sollen, und ich ekelte mich vor dem Gedanken, mich irgendeinem Mann zu nähern.» Mit achtzehn Jahren entgeht sie einem Vergewaltigungsversuch durch einen Freund ihrer Mutter. Als ihre Mutter ihn daraufhin befragt, bezeichnet er Rosa María Raxón als Lügnerin. Ihre Mutter entscheidet sich dafür, dem Missbraucher statt ihrer Tochter zu glauben.

Fotograf: Victorino Tejaxún

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