Nestlé und Barry Callebaut:
Hungerlöhne für billiges Palmöl
Der neue Bericht von Solidar Suisse zeigt, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter in der Palmölindustrie in Malaysia Löhne erhalten, die nicht ausreichen, um ein würdiges Leben zu führen – oft sogar unter dem gesetzlichen Mindestlohn liegen. Trotz der Versprechen von Unternehmen wie Nestlé und Barry Callebaut, nur «nachhaltiges» Palmöl zu verwenden, sieht die Realität ganz anders aus: Hungerlöhne, prekäre Arbeitsbedingungen und fehlende Rechte für die Menschen, die auf den Plantagen arbeiten.
Löhne unter dem Existenzminimum
Malaysia ist das drittwichtigste Herkunftsland von Palmöl für die Schweiz. Derzeit laufen Verhandlungen zwischen den beiden Ländern über den Abschluss eines Freihandelsabkommens, das eine Zollbefreiung für sogenannt «nachhaltiges» Palmöl beinhalten würde. Solidar Suisse hat erstmals berechnet, wie hoch ein Lohn sein müsste, damit die Arbeiterinnen und Arbeiter im Palmölsektor in der Region Sabah (Malaysia) ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Dieser existenzsichernde Lohn würde 2’540 malaysische Ringgit (508 Franken) betragen. In der Realität erhalten die Beschäftigten auf den Plantagen jedoch nur zwischen 800 und 1’800 Ringgit (160 bis 360 Franken) – selbst bei Vollzeitarbeit. Um über die Runden zu kommen, sind sie gezwungen, Überstunden zu leisten und nachts zu arbeiten.
«Die Arbeiterinnen und Arbeiter in Sabah sind in einem Teufelskreis aus Armut, Illegalität und Perspektivlosigkeit gefangen», warnt Christian Eckerlein, Kampagnenleiter bei Solidar Suisse. Zudem sind 80 % der Beschäftigten Migrantinnen und Migranten, hauptsächlich aus Indonesien. Ohne legalen Aufenthaltsstatus haben sie und ihre Familien keinen Zugang zum öffentlichen Gesundheits- und Bildungssystem. Sie leben in ständiger Angst vor Polizeirazzien und Abschiebung.
Palmöl: Ein lukratives Geschäft für Schweizer Unternehmen
In der Schweiz enthalten 60 % der im Supermarkt verkauften Produkte Palmöl. Nestlé und Barry Callebaut gehören zu den grössten Schweizer Abnehmern und verwenden jährlich 445’000 Tonnen bzw. 110’000 Tonnen. Die im Bericht von Solidar Suisse untersuchten Plantagen beliefern diese Konzerne direkt. Obwohl sie sich verpflichtet haben, «verantwortungsvolles» Palmöl zu verwenden, zeigt der Bericht von Solidar Suisse schwerwiegende Verstösse in ihren Lieferketten auf. Dazu gehört unter anderem das Fehlen von Arbeitsverträgen, was einen Verstoss gegen die eigenen Beschaffungsrichtlinien dieser Unternehmen darstellt.
Während die Arbeiterinnen und Arbeiter ums Überleben kämpfen, verdiente der damalige Nestlé-CEO Mark Schneider im Jahr 2023 ein 5’831-mal höheres Gehalt als eine Person, die auf den Plantagen arbeitet.
Ein Nachhaltigkeitslabel ohne Garantie für faire Löhne
Nestlé und Barry Callebaut berufen sich auf das Label RSPO (Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl), das auch Voraussetzung ist, um im Rahmen des Freihandelsabkommens mit Indonesien von Zollvergünstigungen zu profitieren. Doch die kürzlich überarbeiteten Zertifizierungsrichtlinien verlangen nicht einmal mehr die Zahlung eines existenzsichernden Lohns – ein klarer Rückschritt.
Solidar Suisse hat Nestlé, Barry Callebaut und die RSPO kontaktiert, um die Ergebnisse und Forderungen ihres Berichts zu teilen.
Die Forderungen von Solidar Suisse
Ein existenzsichernder Lohn ist ein Menschenrecht. Solidar Suisse stellt folgende Forderungen:
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Nestlé, Barry Callebaut und andere Schweizer Unternehmen müssen in ihrer gesamten Lieferkette existenzsichernde Löhne garantieren.
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Diese Unternehmen müssen zudem vollständige Transparenz bis zu den Plantagen sicherstellen und die strikte Einhaltung der Menschenrechte überwachen.
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Die RSPO muss konkrete Massnahmen ergreifen, um die Zahlung existenzsichernder Löhne sicherzustellen.
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Die Schweizer Politik soll ihre Importstandards verschärfen und Zollvergünstigungen nur für wirklich nachhaltiges Palmöl gewähren.
Solidar Suisse engagiert sich für soziale Gerechtigkeit
Solidar Suisse setzt sich weltweit für menschenwürdige Arbeitsbedingungen, demokratische Teilhabe und soziale Gerechtigkeit ein. Zu diesem Zweck engagiert sich die Organisation mit 80 Projekten auf vier Kontinenten. In Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen tut Solidar Suisse alles, um Missstände zu beseitigen und neue Perspektiven für Menschen in prekären Lebenslagen zu schaffen.