Mehr als Symbolcharakter? Über 60 Mitglieder der kambodschanischen Baugewerkschaft BWTUC fordern in einer Petition mehr Rechte, bessere Arbeitsbedingungen und sozialen Schutz der Arbeiter*innen im Bausektor. Am Tag der Menschenrechte haben sie ihre Forderungen an das Ministerium für Arbeit und Berufsbildung in Phnom Penh übergeben. Die Hoffnung auf Veränderung bleibt jedoch klein.
Am 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, standen 65 Mitglieder der kambodschanischen Baugewerkschaft BWTUC vor den Zäunen des Ministeriums für Arbeit und Berufsbildung in Phnom Penh. Mit blauen Schutzhelmen auf den Köpfen und Protestschildern in den Händen, um die Übergabe der Petition zu zelebrieren. Eine Petition, die die Förderung der Rechte, der Arbeitsbedingungen und des sozialen Schutzes der Arbeiter im Bausektor fordert. Denn sie alle arbeiten auf Baustellen, in Ziegelbrennereien oder Baumaterialunternehmen – und kritisieren die Arbeitsbedingungen dort.
Was verlangt die Petition im Detail?
Bekenntnis zu einem angemessenen Mindestlohnsystem für Bauarbeiter*innen und Angestellte, die Baumaterialien herstellen und liefern;
Bekenntnis zum Arbeitsschutz für Bauarbeiter*innen und Angestellte, die Baumaterialien herstellen und liefern;
Einführung und Beschleunigung der Registrierung beim nationalen Sozialversicherungsfonds NSSF für Arbeiter*innen im Bausektor;
Erklärung zu Mangement und Inspektion von Subunternehmen;
Änderung einiger Artikel des Gewerkschaftsgesetzes;
Rücknahme des dritten Punktes der Mitteilung Nr. 142/20 des Ministeriums für Arbeit und Berufsbildung (MoLVT) zum NSSF-Registrierungsprozedere und Gesundheitszertifikaten für informelle Arbeiter*innen;
Ratifizierung des ILO-Übereinkommens 190 über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt.
Zusammen mit der Baugewerkschaft BWTUC kämpft Solidar Suisse in Kambodscha gegen Ausbeutung und für bessere Arbeitsbedingungen. Kambodscha leidet noch immer an den Folgen des jahrelangen Bürgerkriegs, ist eines der ärmsten Länder der Welt. Korruption belastet die wirtschaftliche Entwicklung, die Arbeitsbedingungen sind oft miserabel. Unabhängige Gewerkschaften werden vom Staat stark behindert, weshalb die BWTUC ihre Aktivitäten auf Weiterbildung, Beratung und Lobbying beschränken muss. Sie klärt Arbeiter*innen über ihre Rechte auf, unterstützt sie juristisch und berät sie in ihren Bemühungen für ein besseres Leben. Oder sie wird laut in der Öffentlichkeit wie Mitte Dezember.
Keine Veränderung vor den Wahlen Obwohl die Aktivitäten vor dem Ministerium – und bereits zuvor im Büro der Gewerkschaft – von den Behörden überwacht wurden, kam es zu keinen Zusammenstössen. Die Demonstrierenden übergaben die Petition dem Vertreter des Ausschusses des Arbeitsministeriums. Laut Sammedy Seng, Projektkoordinator von Solidar Suisse in Kambodscha, sei dies für Gewerkschaften und NGOs die einzige Form, um ihre Forderungen an die Regierung zu stellen. «Eine Antwort erhalten wir allerdings so gut wie nie», sagt Sammedy Seng. Wieso? «Die Stimmen der unabhängigen Gewerkschaften haben weniger Gewicht als die der regierungsnahen, die nie eine Petition beim Ministerium einreichen – weil sie Trittbrettfahrer sind.» Solange sich auf politischer Ebene nichts ändere, würden auch Arbeiter*innen und unabhängige Gewerkschafter nicht gehört. «Im Moment haben wir wenig Hoffnung», sagt Sammedy Seng. «Vor den Parlamentswahlen 2023 wird es kaum Verbesserungen geben.» Die regierende Kambodschanische Volkspartei (CPP) sei zu mächtig. Der Minister für Arbeit und Berufsbildung gehört ebenfalls der CPP an. Beraten wird er von regierungsnahen Gewerkschaftsführer*innen. «Es wird sich erst etwas ändern, wenn die regierungsnahen Gewerkschaften sich – so wie wir –, tatsächlich für die Rechte und Verbesserungen von Arbeiternehmenden einsetzen. Aber wir können nicht erwarten, dass das bald passiert.»
«Vor den Parlamentswahlen 2023 wird es kaum Verbesserungen geben.»
Demonstrierende Arbeiter*innen vor dem Ministerium für Arbeit und Berufsbildung in Phnom Penh.
