Goldene
Zeiten für Konzerne

Wie weltweit agierende Unternehmen ihre Macht vergrössern und Ungleichheit verschärfen.

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Autor

Susanne Rudolf

Covid-19, mehrere eskalierende Konflikte, die Beschleunigung der Klimakrise und die steigenden Lebenshaltungskosten haben die Schere zwischen Arm und Reich vergrössert. Dabei ist die Macht von Unternehmen eine unerbittliche Maschine, die diese Ungleichheit ankurbelt. Das zeigt die neue Studie «Inequality.inc» der Organisation Oxfam, die zu Beginn des diesjährigen Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos veröffentlicht wird. Solidar Suisse liegen die aktuellen Zahlen der Schweiz vor.

Für viele Menschen ist das Leben in den letzten Jahren schwieriger geworden: Weltweit übersteigen die höherwerdenden Lebenshaltungskosten das Einkommen, wodurch Hunderte Millionen Menschen jeden Monat um ihr Auskommen kämpfen müssen. 4,8 Milliarden sind ärmer als 2019 und auch die Kluft zwischen Ländern des globalen Nordens und Südens hat sich erstmals seit 25 Jahren vergrössert. 

Eine wunderbare Welt der Wenigen

Während die Bewältigung des Alltags für die Mehrheit der Menschen zu einer belastenden Realität geworden ist, gehören die wenigen reichsten Menschen weiterhin zu den Nutzniesser*innen der globalen Wirtschaft: Die fünf reichsten Männer der Welt haben ihr Vermögen seit 2020 von 405 Milliarden US-Dollar auf 869 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppelt. Der stark wachsende Reichtum von Milliardär*innen und die zunehmende Macht von Unternehmen sind aufs Engste miteinander verbunden. Von den Gewinnen der Megakonzerne profitieren in erster Linie die Aktionär*innen – und damit ihre superreichen Besitzer*innen.  

So tragen Konzerne zu Ungleichheit bei 

Um die Renditen ihrer Aktionär*innen zu maximieren, handeln Unternehmen auf eine Art und Weise, welche die Ungleichheit vorantreibt und weiter verfestigt. 

Druck auf Arbeiter*innen: Unternehmen setzen ihre Macht ein, um Löhne zu drücken und Gewinne an die Superreichen zu lenken. Dies hat zu einem Rückgang der realen Löhne für Millionen von Arbeitnehmenden und verstärkt so die Ungleichheit. Nach Berechnungen von Oxfam haben in den letzten zwei Jahren die Löhne von über 791 Millionen Arbeitnehmenden nicht mit der Inflation mithalten können, wodurch diese 1,5 Billionen US-Dollar entgingen. Unternehmen nutzen ihre Macht auch dazu, Gesetze und Reformen, die Arbeiter*innen zugutekommen würden, zu vereiteln und die Bildung von Arbeitsorganisationen wie Gewerkschaften einzuschränken. 

Steuervermeidung fördert die Ungleichheit in mehrfacher Hinsicht. Da Unternehmenssteuern überproportional von den Reichsten getragen werden, kommt die Senkung der Unternehmenssteuern in den letzten Jahrzehnten einer Steuersenkung für die Reichen gleich. Durch Steuervermeidung werden den Regierungen in aller Welt, vor allem aber im globalen Süden, Billionen von US-Dollar an Einnahmen vorenthalten, die zur Verringerung der Ungleichheit und zur Beendigung der Armut verwendet werden könnten. 

Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen: Überall auf der Welt drängt die Macht der Unternehmen unaufhaltsam in den öffentlichen Sektor, wo sie den Zugang zu lebenswichtigen Dienstleistungen wie Bildung, Wasser und Gesundheitsfürsorge kommerzialisieren und ausgliedern. Dies stellt eine Bedrohung für den universellen Zugang zu essentiellen Dienstleistungen dar.  

Förderung des Klimawandels: Die Macht von Unternehmen treibt den Klimawandel voran und verschärft Ungleichheiten entlang von Klassen- und Geschlechtslinien. Viele Milliardär*innen profitieren finanziell von umweltbelastenden Prozessen und gehören deswegen zu den Nutzniessern, wenn Massnahmen für einen schnellen und gerechten Übergang zu nachhaltigen Praktiken blockiert werden. 

  • Ungleichheit in der Schweiz Auch in der Schweiz zeigt sich eine wachsende Ungleichheit der Vermögen. Das Vermögen der Schweizer Milliardär*innen ist seit 2020 um 76% gestiegen, während sich das der restlichen 99% der Bevölkerung kaum verändert hat. Würden Vermögen über 5 Millionen US-Dollar um 2% versteuert, Vermögen von über 50 Millionen US-Dollar um 3% und Vermögen über einer Milliarde US-Dollar um 5% verteuert, könnten nach Oxfam-Schätzungen 41,7 Milliarden US-Doller generiert werden. In der Schweiz wären etwa 76'700 Personen betroffen. Das sind nicht ganz 0,9% der Bevölkerung. Mit diesem Beitrag wäre die Diskussion um eine Kürzung der Beiträge an Projekte der internationalen Zusammenarbeit auf Kosten der Unterstützung der Ukraine überflüssig.

Reichen Menschen im globalen Norden gehört noch immer die Welt: Anteil der Vermögenskonzentration im globalen Norden im Vergleich zum Rest der Welt (in %).

Eine neue Ära von Unternehmensmonopolen 

Ob Pharmaindustrie, Landwirtschaft, Luxusgüterindustrie oder Technologiekonzern, in den letzten Jahrzehnten ist es in all diesen Sektoren zu einer enormen Marktkonzentration gekommen. Beispiele dafür: 

  • Zwischen 1995 und 2015 fusionierten 60 Pharmaunternehmen zu nur noch 10 riesigen, globalen «Big Pharma»-Firmen. 
  • Zwei internationale Unternehmen besitzen heute mehr als 40% des globalen Saatgutmarktes. 
  • Drei Viertel der globalen Online-Werbeausgaben gehen entweder an Meta, Alphabet (Google) oder Amazon.  
  • Mehr als 90% der globalen Online-Suchen erfolgen über Google. 

Monopolistische Unternehmen sind nicht nur gross; sie können Märkte kontrollieren und höhere Preise festsetzen, ohne Geschäfte zu verlieren. Mittlerweile bestätigen auch Organisationen wie der Internationale Währungsfonds (IWF), dass die monopolistische Macht wächst und zur Ungleichheit beiträgt. 

Wie kann Unternehmensmacht und Ungleichheit beendet werden?

Oxfam zeigt in ihrer Studie Lösungen auf, um die von Unternehmen verursachte Ungleichheit zu verringern. Ein starker und effektiver Staat ist das beste Mittel um die Macht der Unternehmen einzudämmen und die Kluft zwischen Arm und Reich schnell zu verringern. Regierungen müssen eine proaktive Rolle bei der Gestaltung ihrer Volkswirtschaften übernehmen und auf das Wohl Mehrheit der Bevölkerung fokussieren. Dazu gehören unter anderem: 

  • Das Aufbrechen von Unternehmensmonopolen 
  • Die Förderung von Arbeitsorganisationen 
  • Die Einführung von menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten zur Eindämmung von Missbräuchen entlang der gesamten Lieferkette 
  • Förderung von innovativen Unternehmen, die Mensch und Umwelt in den Fokus setzen 
  • Erhöhung der Steuern für Superreiche und Konzerne 

Solidar Suisse unterstützt Oxfam und kämpft dafür, die Kluft zwischen Arm und Reich durch eine korrekte Besteuerung zu verringern. Regierungen sind gefordert, grosse Vermögen und Übergewinne dauerhaft zu besteuern, mit folgendem Steuer-Modell: Zwei Prozent auf Vermögen von über fünf Mio. US-Dollar, drei Prozent auf Vermögen von über 50 Millionen US-Dollar und fünf Prozent für Vermögen, die eine Milliarde US-Dollar übersteigen. In der Schweiz könnten auf diese Weise41,7 Milliarden US-Dollar pro Jahr generiert werden. Etwas mehr als 76’700 Menschen müssten die Abgabe entrichten, das sind gerade einmal 0,87 Prozent der Bevölkerung. Damit könnten wichtige Finanzmittel für das Gemeinwohl generiert werden, wie z.B. die Mittel für eine soziale Klimapolitik, den Erhalt und Ausbau des Bildungs- und Gesundheitswesens oder die Beibehaltung der Beiträge an die Internationale Zusammenarbeit. 

Als Sitz von vielen multinationalen Konzernen und mit ihrer Tiefsteuerpolitik trägt die Schweiz eine besondere Verantwortung. Solidar Suisse fordert deshalb eine Politik, welche die angemessene Besteuerung von Vermögenden und Konzernen möglich macht. Internationale Steuervermeidung darf kein Geschäftsmodell mehr sein: Dafür braucht es politischen Willen und Transparenz – etwa durch eine öffentliche länderbezogene Berichterstattung von Konzernen über ihre Gewinne und die darauf gezahlten Steuern. 

Solidar Suisse setzt sich in der Schweiz dafür ein, dass immer mehr Menschen den Zusammenhang zwischen den Auswüchsen unseres kapitalistischen Systems und harten ökonomischen Realität Millionen von Arbeiter*innen im globalen Süden verstehen und sich mit uns für eine gerechtere und nachhaltige Wirtschaft einsetzen. Gemeinsam mit Partnerorganisationen in unseren Projektländern arbeiten wir Seite an Seite mit denjenigen Menschen, die am stärksten von der Ausbeutung von Konzernen betroffen sind. Wir unterstützen sie in ihrem Kampf für mehr soziale Gerechtigkeit.  

Um der extremen Ungleichheit ein Ende zu setzen, müssen die Regierungen die Macht der Milliardäre und Konzerne radikal an die einfachen Menschen zurückverteilen. Eine gerechtere Welt ist möglich, wenn die Regierungen den privaten Sektor wirksam regulieren und neu gestalten.

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Autor

Susanne Rudolf

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