Zwar scheinen die Ansteckungszahlen auf den abgelegenen Palmölplantagen zurzeit tief, doch es muss mit einer hohen Dunkelziffer gerechnet werden, da der Zugang zu Tests nicht gewährleistet ist. Lokale Pandemie-Ausbrüche in abgelegenen Gebieten Malaysias im Frühling 2020 und seit Mai 2021 zeigen, dass auch hier das Risiko gross ist.
Trotzdem ist der Zugang zu medizinischer Versorgung für die Plantagenarbeiter*innen erschwert. Einerseits weil die Plantagen abgelegen und schwer erreichbar sind, in Malaysia wurden ausserdem für Arbeitsmigrant*innen – die den Grossteil der Beschäftigten auf den Plantagen ausmachen – aktiv Hindernisse geschaffen. So setzte die Regierung bereits vor der Pandemie die Preise für die medizinische Behandlung im Krankenhaus für «Ausländer*innen» höher an. Aus Angst vor der Abschiebung wagen es viele Migrant*innen ohne Papiere nicht, ins Krankenhaus zu gehen.

Prekäre Versorgungslage
Bereits vor der Pandemie waren die Lebensbedingungen auf den isolierten Plantagen prekär. Verschlimmert wird dies nun durch von Regierungen und Unternehmen durchgesetzte Mobilitätsbeschränkungen. Die Arbeiter*innen kommen kaum an erschwingliche Lebensmittel. Weil sie die Plantagen nicht verlassen dürfen, können sie nicht mehr auf den lokalen Märkten einkaufen. Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich in den meist unternehmenseigenen Läden zu versorgen. Dort müssen sie sich nicht selten verschulden, weil die bereits vor der Pandemie hohen Preise zum Teil auf das Eineinhalbfache gestiegen sind. Arbeiter*innen, die trotz Verbot ausserhalb einkauften, wurden zum Teil entlassen. Und wenn die Unternehmen das Verlassen der Plantage erlauben, müssen die Arbeiter*innen bei der Rückkehr einen PCR-Test vorweisen. Dieser kostet 900’000 indonesische Rupiah (60 Franken), was bei einem Durchschnittseinkommen von nur 1’400’000 (90 Franken) unerschwinglich ist. So werden die Abeiter*innen faktisch auf den Plantagen eingesperrt, ohne Zugang zu lebenswichtigen Dingen.

Unterbindung von Arbeitskämpfen
Die Pandemie wird auch benutzt, um die Gewerkschaftsarbeit einzuschränken. Gewerkschafter*innen können wegen Mobilitätsbeschränkungen nicht auf die Plantagen – und so gesetzlich vorgesehene Beratungen oder Verhandlungen nicht mehr durchführen. Ein Beispiel aus dem indonesischen Ost-Kalimantan zeigt, wie die Situation ausgenutzt wird: Arbeiter*innen wurden entlassen und mit ihren Familien gewaltsam aus ihren Häusern auf den Plantagen vertrieben, nachdem sie sich an einem Protest gegen das Omnibus-Gesetz beteiligt hatten. Die Entlassenen wurden beschuldigt, Covid-19 zu verbreiten.
Gleichzeitig ist die weltweite Nachfrage nach Palmöl ungebrochen. Das spiegelt sich nicht nur im Marktpreis, sondern auch am konstanten Bedarf an neuen Arbeitskräften auf den Plantagen.

Forderungen an Regierungen und Unternehmen
TPOLS fordert von den Regierungen der beiden Länder, dass sie die grundlegende Gesundheitsversorgung für alle sicherstellen, ohne Migrant*innen zu diskriminieren. Sie müssen dafür sorgen, dass Grundbedürfnisse wie Lebensmittel, Medikamente, Einkommensunterstützung und Zugang zu Schulbildung gewährleistet sind. Auch die Einschränkungen des indonesischen Omnibus-Gesetzes müssen umgehend revidiert und die unmenschliche Behandlung von papierlosen Migrant*innen in Malaysia gestoppt werden.
Internationale Unternehmen müssen Massnahmen zum Schutz der Arbeiter*innen in ihren Lieferketten umsetzen und die Arbeitsrechte auch während der Pandemie einhalten. Auch sie stehen in der Pflicht, dass die Arbeiter*innen Zugang zu medizinischer Grundversorgung (Masken, PCR-Test und Impfungen eingeschlossen) haben und sich ernähren können, ohne sich zu verschulden.