Kambodscha: Kampf für Frauenrechte
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Katja Schurter · 0 Kommentare
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Pok Panhavichetr setzt sich in Kambodscha für die Rechte von Frauen ein. Die Überlebende des Pol-Pot-Regimes möchte, dass alle die Möglichkeit haben, ein gutes Leben zu leben.
«Meine Passion ist, Frauen zu unterstützen», sagt Pok Panhavichetr, die Leiterin der Solidar-Partnerorganisation Cambodian Women’s Crisis Centre CWCC. Seit mehr als 30 Jahren engagiert sie sich für die Verbesserung der Situation von Frauen und hat 2010 die Leitung übernommen. «Es gibt so wenige Frauen in Führungspositionen», weiss die Politikwissenschaftlerin und Dolmetscherin. «Sie sind schlechter ausgebildet, werden am Arbeitsplatz nicht gefördert, und viele werden von ihren Ehemännern misshandelt.» Deshalb hat die Organisation in Banteay Meanchey, an der Grenze zu Thailand, ein Frauenhaus aufgebaut. Hier finden von Gewalt betroffene Frauen und zurückgekehrte Migrantinnen Zuflucht.
Als Arbeitsmigrantinnen ausgebeutet
Denn in der Grenzregion gehen viele Menschen nach Thailand, um eine Arbeit zu finden. Kambodscha ist ein armes Land, und das Nachbarland braucht Arbeitskräfte für seine brummende Wirtschaft – in der Fischindustrie und Landwirtschaft, auf dem Bau, in Textilfabriken oder im Sextourismus. Die meisten Arbeitssuchenden überqueren die Grenze über informelle Wege, denn legale Migration ist zwar möglich, aber langwierig und aufwändig, der dafür notwendige Pass teuer. Doch so laufen sie Gefahr, von unseriösen Vermittler*innen übers Ohr gehauen oder in Thailand von der Polizei aufgegriffen und zurückgeschafft zu werden.
Austausch über die Gefahren der Migration
«Wir können die Leute nicht daran hindern, nach Thailand zu gehen, aber sie sollten es auf sichere Art tun», sagt Panhavichetr. Deshalb engagiert sich CWCC auch in der Prävention. Die Organisation informiert über die Gefahren der illegalen Migration und legale Alternativen. In Selbsthilfegruppen tauschen Zurückgekehrte ihre Erfahrungen aus, empfehlen einander gute Jobs, warnen vor ausbeuterischen Arbeitgebern und betrügerischen Vermittlerinnen. In Spargruppen geben sich die Beteiligten gegenseitig Darlehen, sei es, um zu migrieren, oder um ihre Lebensbedingungen zu verbessern, damit sie nicht migrieren müssen. Denn ein grosses Problem ist, dass viele Menschen sich dafür verschulden. Die Schulden werden direkt vom Lohn abgezogen, und die Arbeiter*innen können sich wegen dieser Abhängigkeit kaum gegen Ausbeutung wehren.
«Frauen sollen aufstehen und für ihre Rechte kämpfen.»
Perspektiven für Zurückgekehrte
Die Solidar-Partnerorganisation unterstützt auch Zurückgeschaffte an der Grenze. «Während Corona gab es zwei- bis dreihundert Deportationen pro Tag», erinnert sich Pok Panhavichetr. «Wer in der Region lebt, kann häufig in die eigene Community zurückkehren, doch wer aus dem Landesinneren stammt oder wer jahrelang in Thailand gearbeitet hat, weiss häufig nicht, wohin.» Deshalb werden Berufsbildung und Start-up-Beiträge angeboten, damit sich Zurückgekehrte eine Existenz aufbauen können. Gerade Frauen befinden sich oft in einer schwierigen Situation: «Sie haben kein Land und wenig Möglichkeiten, deshalb sind sie ja weggegangen. Manche versuchen, eine Stelle in einer Fabrik zu finden, aber wenn sie älter sind als 40, ist das kaum möglich», erzählt Panhavichetr, die froh ist, mit ihrer Arbeit etwas zurückgeben zu können. Denn sie schätzt sich glücklich, das Pol-Pot-Regime überlebt zu haben.
Überlebende des PoL-Pot-Regimes
Pok Panhavichetr war 18, als Pol Pot 1975 Phnom Penh einnahm und die Stadtbevölkerung zur Zwangsarbeit aufs Land deportierte. «Einmal sollte ich einen Damm machen. Ich wusste nicht, wie das geht – ich hatte ja keine Ahnung von Landwirtschaft. Da meinten sie, ich sei wohl die Tochter des vorherigen Kommandanten, was einem Todesurteil gleichkam. Kurz darauf erkrankte ich an Malaria. Auf der Krankenstation sah die Pflegerin, dass ich kaum laufen konnte, und sagte das meinen Verfolgern. Nur deshalb haben sie mich nicht getötet», sagt die talentierte Geschichtenerzählerin. «Nachher habe ich überlebt, weil ich wildes Gemüse sammelte, und weil mich wegen meiner Geschichten alle mochten, es gab ja keinerlei Unterhaltung.» Als die Roten Khmer nach fast vierjähriger Terrorherrschaft abzogen, fand Panhavichetr ihr Heimatdorf zerstört wieder, einzig ihre Mutter hatte überlebt. Ihr Vater und ihre elf Geschwister waren verhungert oder umgebracht worden. Die 22-Jährige stürzte sich in die Arbeit. «Ich wollte aktiv werden», erinnert sie sich. Sie studierte, wurde in der internationalen Zusammenarbeit tätig. Und begann, sich für die Rechte von Frauen zu engagieren: «Das Leben hängt davon ab, wie du es leben kannst. Ich möchte nicht, dass Frauen im Schatten leben. Ich möchte, dass sie aufstehen und für ihre Rechte kämpfen.»
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Katja Schurter
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