Oxfam-Bericht:
Ungleichheit tötet

Die Reichen werden reicher, die Armen werden ärmer: Anlässlich der virtuellen „Davos Agenda“ des Weltwirtschaftsforums veröffentlicht Oxfam den Bericht „Gewaltige Ungleichheit“. Der Bericht zeigt, wie die Corona-Pandemie soziale Ungleichheit das zweite Jahr in Folge dramatisch verschärft, warum die Lösung in einem gerechteren Wirtschaftssystem liegt und was die Politik konkret tun sollte.

Während der Corona-Pandemie hat sich die soziale Ungleichheit weiter verstärkt. Das geht aus einer Erhebung der Organisation Oxfam hervor. Demnach haben die zehn reichsten Männer der Welt zwischen März 2020 und November 2021 ihr Vermögen etwa verdoppelt, auf insgesamt 1,5 Billionen US-Dollar, während mehr als 160 Millionen Menschen zusätzlich in Armut leben und unter die von der Weltbank definierte Armutsgrenze von 5,50 Dollar pro Tag fallen. „Für Milliardäre gleicht die Pandemie einem Goldrausch. Regierungen haben Milliarden in die Wirtschaft gepumpt, doch ein Grossteil ist bei Menschen hängengeblieben, die von steigenden Aktienkursen besonders profitieren”, sagt Manuel Schmitt von Oxfam Deutschland.

Als Ursache für die wachsende soziale Ungleichheit benennt der Bericht die Profitlogik der Wirtschaft: Gewinne für Konzerne und ihre Eigentümer*innen zählen systematisch mehr als der Schutz der Menschenrechte und des Planeten. Politische Entscheidungen der vergangenen Jahrzehnte haben diese Tendenz verschärft. Die Folge davon ist strukturelle wirtschaftliche Gewalt, mit zum Teil tödlichen Konsequenzen:

  • Das kumulierte Vermögen aller Milliardär*innen ist seit Beginn der Pandemie um beispiellose fünf Billionen US-Dollar gestiegen. Das ist ein grösserer Zuwachs als in den gesamten 14 Jahren vor der Pandemie. Gleichzeitig lebte bereits 2019 fast die Hälfte der Menschheit – 3,2 Milliarden Menschen – unterhalb der von der Weltbank definierten Armutsgrenze von 5,50 Dollar pro Tag. Heute sind es 163 Millionen Menschen mehr als vor der Pandemie.
  • Mindestens 13 Millionen Frauen haben im Zuge der Pandemie Arbeit und Einkommen verloren, allein im Jahr 2020 belaufen sich ihre Verluste auf mindestens 800 Milliarden US-Dollar. Über 20 Millionen Mädchen zusätzlich werden nie wieder eine Schule besuchen. Jeden Tag sterben mindestens 15’000 Menschen, weil sie keinen Zugang zu adäquater medizinischer Versorgung haben. Für Menschen, die von Rassismus betroffen sind, ist das Risiko an Covid-19 zu sterben, bis zu drei Mal grösser als für weisse, und Menschen mit geringem Einkommen haben eine geringere Lebenserwartung als wohlhabende Menschen.
  • Mittlerweile sind über drei Milliarden Menschen zweifach gegen Covid-19 geimpft, doch nur rund neun Prozent der Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen haben mindestens eine Impfdosis erhalten. Millionen Menschen, die hätten gerettet werden können, sind wegen der ungerechten Impfstoffverteilung an der Pandemie und ihren Folgen gestorben. Die Impfstoffe müssen als öffentliches Gut behandelt werden, auch weil Regierungen ihre Entwicklung mit viel Steuergeld gefördert haben. Mindestens 120 Unternehmen weltweit könnten in die Produktion einsteigen und ausreichend Impfstoffe zu erschwinglichen Preisen herstellen, würde die Technologie global geteilt. Doch das verhindert der internationale Patentschutz.

“Soziale Ungleichheit ist eine schreiende Ungerechtigkeit, und sie tötet Menschen. Die Politik muss die Weichen hin zu einem gerechten und demokratischen Wirtschaftssystem stellen. Im Zentrum wirtschaftlicher Entscheidungen darf nicht länger nur der Profit, sondern muss vor allem das Gemeinwohl stehen”, sagt Manuel Schmitt. Deshalb fordert Oxfam von den Regierungen weltweit, Konzerne und Superreiche zur Finanzierung sozialer Grunddienste stärker zu besteuern.Die globale Mindeststeuer soll auf 20 bis 25 Prozent angehoben und Steueroasen geschlossen werden. Zudem müssen Regierungen für globale Impfgerechtigkeit sorgen und den Patentschutz für Covid-19-Impfstoffe aussetzen. Weiter muss die Wirtschaft weltweit in Zukunft am Gemeinwohl ausgerichtet werden: Unternehmen müssen sich verpflichten, Ziele innerhalb der planetaren Grenzen und unter Beachtung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht festzulegen und umzusetzen.

 

Anteil der Personen, die mindestens eine Dosis des Covid-19-Impfstoffs erhalten haben. Stand 10. Januar 2022. Quelle: Oxfam Deutschland/ourworldindata.org

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