Konzern-verantwortung: Die Schweiz muss handeln

Beitragsinformationen

Seit dem 20. August 2022 läuft die Petition «Versprechen halten» der Koalition für Konzernverantwortung, der auch Solidar Suisse angehört. In 100 Tagen wollen wir 100'000 Unterschriften sammeln und damit ein klares Signal nach Bundesbern senden: Wie im Abstimmungskampf versprochen, sollen Bundesrat und Parlament ein griffiges Konzernverantwortungsgesetz ausarbeiten. Doch warum kommt diese Forderung genau jetzt, weniger als zwei Jahre nach der Abstimmung?

Fordern Sie jetzt ein griffiges Konzernverantwortungsgesetz

Petition unterzeichnen

Mit dem Inkrafttreten des indirekten Gegenvorschlags zur Konzernverantwortungsinitiative Anfang 2022 müssen Firmen ab nächstem Jahr darlegen, wie sie sich in den Bereichen Umwelt, Soziales, Arbeitnehmer*innen- und Menschenrechte verhalten. Zudem unterstehen Unternehmen in Risikosektoren einer Sorgfaltsprüfungspflicht hinsichtlich Konfliktmineralien und Kinderarbeit. Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, gewiss. Bleibt es bei dieser Regelung, hinkt die Schweiz allerdings dem Anspruch nach «gleich langen Spiessen» mit dem europäischen Umfeld, wie sie der Bundesrat im Abstimmungskampf forderte, deutlich hinterher. Dies scheint man auch im Parlament erkannt zu haben: Am 6. September befürwortete die Rechtskommission des Ständerates eine Ausweitung des Gegenvorschlags zur Konzernverantwortungsinitiative auf Zwangsarbeit. In ihrer Medienmitteilung verweist die Kommission auf das Ausland und empfiehlt, die Entwicklungen hin zu einem EU-Lieferkettengesetz bei der Ausarbeitung eines Gesetzes zu berücksichtigen.

EU:  Weitreichender Gesetzesvorschlag
Es zeichnet sich ab, dass die Schweiz ins Hintertreffen gerät, wenn sie weiter abwartet. Im Februar dieses Jahres präsentierte die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine EU-weite Richtlinie zu den Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen. Diese geht in einigen Punkten gar weiter als die Konzernverantwortungsinitiative, so will sie die Verantwortung der Firmen auch auf deren Zulieferer ausweiten. Aktuell wird der Vorschlag im europäischen Parlament behandelt. Ziel ist, das Gesetz bis 2024 auf EU-Ebene zu verabschieden. Gleichzeitig steigt auch in Europa der Druck aus der Zivilgesellschaft. Die europaweite Kampagne «Justice is Everybody’s Business» fordert vielfältige Nachbesserungen am EU-Gesetzesentwurf, etwa die konkrete Verpflichtung von Unternehmen, Umwelt und Klima zu schützen, sowie eine umfassende Beteiligung der Betroffenen bei der Umsetzung des Gesetzes.

Aktuelle Fälle zeigen: Freiwilligkeit reicht nicht
Dass die bisherigen, mehrheitlich freiwilligen Regeln nicht ausreichen, damit Konzerne die Umwelt und Menschenrechte schützen, zeigen aktuelle Fallbeispiele: So hat eine kürzlich veröffentlichte Recherche der Gesellschaft für Bedrohte Völker zu Tage gebracht, dass die UBS die Finanzierung für zwei brasilianische Agrarkonzerne besorgte, obschon diese nachweislich in zahlreiche Fälle von Brandrodung, sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen und Verletzung von indigenen Rechten involviert sind. Ermöglicht wurde dies unter anderem durch die Abschwächung der eigenen Nachhaltigkeitsrichtlinien – just vor Abschluss des Finanzierungs-Deals.

Dass Betroffene nicht weiter warten wollen, bis Unternehmen von sich aus tätig werden, zeigt die Geschichte von vier Bewohner*innen der indonesischen Insel Pari, die gegen den Zementgiganten Holcim in Zug vor Gericht ziehen. Sie verlangen, dass der Konzern seine CO2-Emissionen, die mitverantwortlich sind für den drohenden Untergang ihrer Insel, umgehend senkt. Zudem soll Holcim für bereits entstandene Schäden zur Verantwortung gezogen werden. Dies ist ein Novum in der Schweiz, legt den Finger aber auf einen wunden Punkt: Obwohl sie den Klimawandel nicht verursacht haben, müssen die Inselbewohner*innen mit dessen Konsequenzen leben. Bei der Klage geht es also um die Frage der Klimagerechtigkeit.

Dass freiwillige Standards nicht ausreichen, um der Verletzung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten vorzubeugen, zeigt auch eine kürzlich erschienene Studie von Germanwatch, die eine Reihe von Mängeln bei freiwilligen Standards im Rohstoffsektor aufdeckte.

Es tut sich etwas – aber nicht von selbst
Die aktuellen Entwicklungen stimmen hoffnungsvoll, dass die Einhaltung von klar definierten Umweltstandards und Menschenrechten keine freiwillige Kür bleiben, sondern zum Pflichtprogramm für alle Konzerne werden. Insbesondere im europäischen Ausland geht der Trend klar in Richtung mehr unternehmerischer Verantwortung. Will die Schweiz sich nicht dem Vorwurf aussetzen, bald das einzige Land ohne griffige Regeln für Konzerne zu werden, ist es höchste Zeit, nachzuziehen. Dass es dafür zivilgesellschaftlichen Druck braucht, zeigt die bisherige Geschichte nur zu gut. 100’000 Unterschriften, notabene gleich viele wie für eine Volksinitiative nötig wären, sind ein starkes Signal. Und die Chancen stehen gut, dass dieses seine Wirkung nicht verfehlen wird.

Jetzt unterzeichnen

Fordern Sie mit uns ein griffiges Konzernverantwortungsgesetz

Zur Petition

Beitragsinformationen

Zurück nach oben