Arbeit so prekär wie nie zuvor

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Am 7. Oktober ist der Welttag für menschenwürdige Arbeit. Der «World Day for Decent Work» ist dieses Jahr so wichtig wie noch nie, denn die Corona-Pandemie hat dazu beigetragen, dass Arbeitsbedingungen weltweit verschlechtert wurden. Zeit, um über Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zu reden.

«Der globale Arbeitsmarkt ist kaputt», sagt der Internationale Gewerkschaftsbund. 200 Millionen Stellen sind bisher weltweit wegen der Corona-Pandemie verloren gegangen. Weitere 100 Millionen Jobs stehen auf der Kippe. Die Hauptleidtragenden sind junge Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen und Frauen, die in den am stärksten betroffenen Sektoren überpräsentiert sind. Deshalb fordern die globalen Gewerkschaften schon länger einen neuen Gesellschaftsvertrag, der nun so dringend ist, wie nie zuvor: «Die Regierungen haben bei der Regulierung der Arbeit versagt und das Ziel der Vollbeschäftigung aus den Augen verloren. Die Arbeit ist sogar noch prekärer als vor der Pandemie. Die Regeln müssen geändert werden, damit die Menschen vor zunehmender Ausbeutung und grassierender Unsicherheit geschützt werden», hält der Gewerkschaftsbund fest.

Asbest tötet
COVID-19 hat nicht nur gezeigt, dass in vielen Ländern die sozialen Sicherheitsnetze völlig ungenügend sind, sondern auch, dass punkto Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz vieles im Argen liegt. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sterben jedes Jahr rund zwei Millionen Menschen an arbeitsbedingten Krankheiten und Unfällen. Allein an asbestbedingten Erkrankungen sterben nach jüngeren Schätzungen jährlich über 200’000 Menschen. Zum Vergleich: Alle Kriege und bewaffneten Konflikte zusammen hatten im Jahr etwa 120’000 Todesopfer zur Folge (Quelle: SIPRI).

In der Schweiz ist diese hochgefährliche Substanz seit 1990 verboten. Doch auch hier ist die grosse Mehrheit der Todesfälle, die durch anerkannte Berufskrankheiten versursacht werden, auf Asbest zurückzuführen. Das perfide an asbestbedingten Krankheiten wie Brustfellkrebs oder Asbestose ist, dass zwischen dem Zeitpunkt, als ein Individuum dem Asbeststaub ausgesetzt war, und dem Ausbruch der Krankheit bis zu 40 Jahre liegen können. In Asien wird Asbest noch immer verwendet.

Spione unter den Kämpfer*innen
Letzte Woche nahm Solidar Suisse an einer dreitägigen Online-Konferenz des «Asia Ban Asbestos Network» (ABAN) teil. Das Netzwerk verbindet zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen und Gewerkschaften, die für einen Stopp der Verwendung von Asbest in Asien kämpfen.

Asbest ist eine Zeitbombe. Und hinter dieser Zeitbombe steht die mächtige Lobby der Asbest-Exporteure, hauptsächlich aus Russland und Kasachstan. Dieser Lobby ist es gelungen, Regierungen einzuspannen, um in internationalen Organisationen und Abkommen jeden Fortschritt für die Reglementierung des Umgangs mit Asbest zu behindern. Namentlich wird dadurch das «Rotterdamer Übereinkommen über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pestizide im internationalen Handel» ausgehebelt. Zudem speist eben diese Lobby Spione in jene Organisationen ein, die für ein globales Asbestverbot kämpfen, wie der Fall des inzwischen verurteilten Robert Moore zeigt.

Zeit zu handeln
COVID-19 hat die Lage vieler Menschen, die von asbestbedingten Krankheiten betroffen sind, zusätzlich verschlimmert. Ihre Fähigkeit, sich von einer Erkrankung zu erholen, ist stark vermindert. Wie viele Asbestopfer an COVID-19 gestorben sind, lässt sich nicht abschätzen, da in vielen betroffenen Ländern die Erfassung der Opfer von asbestbedingten Erkrankungen mangelhaft ist.

Die Pandemie hat klar aufgezeigt, dass Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz den Status eines Grundrechts erhalten müssen. Solidar Suisse setzt sich zusammen mit dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund und Travail Suisse dafür ein, dass an der Internationalen Arbeitskonferenz der ILO im Juni 2022 ein entsprechender formeller Beschluss gefasst wird. Viel zu lange hat das Thema ein Schattendasein geführt. Viel zu viele Menschen sind an vermeidbaren, arbeitsbedingten Erkrankungen gestorben und werden in den nächsten Jahrzehnten daran  sterben. Wann können wir endlich sagen: «No time to die of work – keine Zeit an Arbeit zu sterben»?

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