Rohingya: fünf Jahre nach dem Genozid

Verfolgt, vertrieben – nicht vergessen: Vor fünf Jahren flohen Hunderttausende Rohingya vor dem Militär aus Myanmar nach Bangladesch. Seither harren sie unter misslichen Bedingungen in Kutupalong aus, dem grössten Flüchtlingslager der Welt. Wir wollen an die Verbrechen erinnern und rufen zu Solidarität mit den Geflüchteten auf.

Sie verbrannten ihre Hütten, warfen Kinder in die Flammen, vergewaltigten Frauen und richteten Männer vor den Augen ihrer Familien hin. Am 25. August 2017 begann Myanmar die brutale Militäroffensive gegen die Rohingya in Rakhine, im Westen des Landes. Der Genozid an der muslimischen Minderheit und ihre Vertreibung gehören zu einem der grausamsten Verbrechen der jüngeren Geschichte. 

Die Verfolgung der Rohingya ist kein neues Problem: Sie gelten als illegale Immigrant*innen aus Bangladesch und werden nicht als Minderheit betrachtet. Seit der Unabhängigkeit Myanmars 1948 verliessen Hunderttausende Rohingya als Folge von Folter und Unterdrückung das Land. Einige gründeten 2016 die Gruppe «Araken Rohingya Salvation Army» (ARSA), die immer wieder Anschläge auf die staatlichen Behörden in Myanmar durchführte. Nach einem Angriff auf Polizeistationen mit Todesopfern eskalierte 2017 die Gewalt und löste die grosse Flüchtlingswelle der Rohingya nach Bangladesch aus: In der ersten Woche der Militäroffensive flohen laut UNHCR 58’600 Menschen.  

Unwürdiges Leben im Camp 

Seither suchten immer mehr der Verbliebenen Schutz im Südosten Bangladeschs – bis Kutupalong das wurde, was es heute ist: das grösste Flüchtlingslager der Welt. Mittlerweile leben dort über 900’000 Rohingya und müssen rund um die Uhr ihr Überleben organisieren. Denn die Bedingungen sind entsetzlich. Die Menschen leben auf engstem Raum, in Unterkünften aus Plastikplanen und Bambus, eine neben der anderen. Privatsphäre gibt es nicht. Immer wieder brechen Feuer aus und Überschwemmungen setzen alles unter Wasser. Den Menschen fehlt es an Nahrung, sauberem Wasser, Sanitäranlagen und medizinischer Versorgung. Sie haben kaum Zugang zu Bildung, die meisten Kinder werden nicht unterrichtet. Ihre Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, Bangladeschs Regierung hat die Bevölkerung dazu aufgefordert, keine Rohingya bei sich aufzunehmen; auch Bus- und Lastwagenfahrer*innen sollen keine Rohingya transportieren. Je mehr Zeit vergeht und je mehr Menschen nach Cox’s Bazar fliehen, desto schlimmer werden die Zustände. Dadurch nehmen soziale Probleme zu: Gewalt gegen Frauen, Menschenhandel und Spannungen zwischen Geflüchteten und der einheimischen Bevölkerung.  

Was tut Solidar Suisse 

Solidar Suisse beschäftigt sich weiterhin mit dem Elend in den Rohingya-Lagern und arbeitet aktuell mit Partnerorganisationen in zwei Projekten. Das von unserem Partner YPSA durchgeführte Schutzprojekt hilft beim Aufbau eines sichereren Lebensumfelds in Cox’s Bazar. Ziel des Projekts ist es, zur sozioökonomischen Erholung der von Covid-19 betroffenen Bevölkerung beizutragen, indem sie durch Geldtransfers dabei unterstützt werden, verlorene Vermögenswerte zu ersetzen, ihre Geschäfte wieder aufzubauen und ihre Grundbedürfnisse zu decken. In einem zweiten Projekt tragen wir mit unserer Partnerorganisation GUK zum Brandschutz in Cox’s Bazar bei. In allen 34 Lagern in Cox’s Bazar besteht ein hohes Brandrisiko, da die Unterkünfte aus Baumaterialien wie Bambus, Plastik und Planen bestehen, Gasflaschen zum Kochen verwendet werden und traditionell im Freien gekocht wird. Erst im Januar 2022 wüteten im Lager zwei verheerende Brände, die Hunderte von Unterkünften zerstörten. Das Projekt erreicht 200 von Bränden betroffene Haushalte, indem es lebenswichtige Hilfe leistet, Kapazitäten für die Rohingya-Bevölkerung und die örtlichen Feuerwehren, Freiwillige und Notfallhelfer*innen aufbaut.  

 Was Sie tun können 

Für die Menschen sind fünf Jahre nach der Flucht die grausamen Zustände in Kutupalong trauriger Alltag geworden. Zeigen auch Sie sich solidarisch mit den Rohingya. Ihre Unterstützung wird dringend benötigt.  

Unterstützung für Rohingya

Die Menschen im Camp

Farida Begum

57, aus Hawarbil

«Ich komme aus Hawarbil, Mongdu, Barma (Myanmar). Viele Menschen wurden dort brutal und mit unendlichem Schmerz ermordet. Sie haben mein Haus und das ganze Gebiet niedergebrannt. Sie haben meine Schwester getötet. Irgendwie sind wir geflohen. Alles wurde zerstört, nichts blieb übrig. Unser Zuhause wurde über Nacht zerstört. Seit 2017 bin ich im Camp. Ich bekam eine Ausbildung und Hilfsmittel, um Fischernetze zu knüpfen. Die verkaufe ich, damit ich ein kleines Einkommen habe. Was sollte ich sonst für meinen leeren Magen tun? Ausserdem erhielt ich von GUK und Solidar Suisse Samen von Süsskartoffeln, Papaya, Kürbis, Kürbis, Linsen und andere Lebensmittel, um in meinem Garten anzupflanzen.»

Muhammad Rafiq

28, aus Raimurbil

«Es ist fünf Jahre her, seit ich von Myanmar ins Flüchtlingscamp gekommen bin. Dieser Ort war eher ein Wald, voller Büsche. Wir beseitigten sie, verschafften uns Platz und begannen hier zu leben, um zu überleben. GUK und Solidar Suisse boten mir eine Ausbildung zum Barbier an. Nach der Ausbildung erhielt ich einige Friseurwerkzeuge und eröffnete meinen kleinen Laden.»

Hasina Khatun

28, aus Hawarbil

«Ich kam hierher ins Camp, weil ich in Hawarbil, Myanmar, nicht mehr leben konnte. Das Militär hat mein Haus niedergebrannt. Davongekommen sind wir nur mit dem Leben, ohne Geld oder persönliche Gegenstände von zuhause. Wir leben in tiefer Trauer. Mein Mann wurde in Hawarbil getötet. Hier im Camp lebe ich jetzt mit meinen Eltern. Im Jahr 2020 erhielt ich von GUK und Solidar Suisse eine Ausbildung im Weben von Fischernetzen und die notwendigen Werkzeuge. Jetzt bestreite ich meinen Lebensunterhalt mit dem Stricken von Fischernetzen. Wir haben auch verschiedene Gemüsesamen erhalten und pflanzen Lebensmittel an. Durch die Verwendung und den Verkauf dieser Produkte können wir von der Hand in den Mund leben. Es wäre schön, wenn wir zusätzliche Unterstützung bekommen würden. Denn wir leiden unter den Umständen hier im Camp, die beschädigten Häuser, das Regenwasser, das ins Innere der Unterkunft eindringt.»

 

 

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