Solidar Suisse
in der Ukraine
Die russische Invasion in der Ukraine hinterlässt Verwüstung, Gewalt und traumatisierte Menschen. Als traditionelle humanitäre Organisation widmet sich Solidar Suisse der Arbeit im vom Krieg gezeichneten Land. Mit zwei lokalen Partnerorganisationen leisten wir einen Beitrag zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der am meisten gefährdeten Menschen in der Ukraine.
Seit dem 24. Februar 2022 wird die Ukraine von Russland angegriffen, was zu einer immensen humanitären Krise geführt hat. Städte wurden bombardiert, die Lebensgrundlagen zerstört und die Kämpfe dauern an, ohne dass ein Ende in Sicht ist. Der Konflikt hat die weltweit am schnellsten wachsende Vertreibungskrise seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Mehr als ein Viertel der ukrainischen Bevölkerung ist aus ihrer Heimat geflohen: schätzungsweise 5,4 Millionen Menschen sind nun Binnenvertriebene, vor allem in der West-, Zentral- und Ostukraine, während 8 Millionen das Land verlassen haben. Es muss davon ausgegangen werden, dass die humanitäre Notlage noch viele Monate andauern und der Wiederaufbau Jahre dauern wird.
Die Narben des Kriegs
Die Zeug*innen des Krieges haben sichtbare und unsichtbare Narben davongetragen. Psychische und physische Gewalt sowie Missbrauch haben erheblich zugenommen. Die meisten Betroffenen sind durch das Erlebte schwer traumatisiert. 64 Prozent der Vertriebenen sind Frauen, von denen viele ihre Ehemänner und andere Familienmitglieder zurückgelassen haben. Es wird von zahlreichen Formen von Gewalt gegen Frauen berichtet, wobei die Unsicherheit und das Risiko für Frauen und Mädchen auf der Flucht besonders hoch sind – an Grenzübergängen, in Sammelunterkünften und in Luftschutzkellern. Es gibt Berichte über Gewalt, sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel. Sexuelle Gewalt in Konflikten ist nicht nur eine schwere Menschenrechtsverletzung, sondern kann auch erhebliche physische und psychische Folgen haben, wie ungewollte Schwangerschaften, sexuell übertragbare Krankheiten, Unfruchtbarkeit sowie Angstzustände, Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen.
Während die meisten Männer in der Armee dienen, haben Frauen und ältere Menschen jetzt weniger Erwerbsmöglichkeiten. Daher fehlen ihnen die Mittel, um ihre Grundbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung, Medikamente oder Hygieneartikel zu decken. Die Bedingungen verschlechtern sich aufgrund von Strom-, Gas- und Wasserkürzungen, der Bedarf an humanitärer Hilfe steigt. Der Krieg hat auch die Wirtschaft der Ukraine verwüstet. Die wirtschaftlichen Verluste aufgrund der laufenden Militäroffensive könnten sich auf über eine Billion Dollar belaufen, etwa 64 Prozent der ukrainischen Erwerbstätigen haben seit Beginn des Krieges ihren Arbeitsplatz verloren.
Safe Space für Frauen und Mädchen
Vor diesem Hintergrund arbeitet Solidar Suisse mit den beiden ukrainischen Organisationen Vostok SOS und VIS zusammen, um für bedürftige Menschen und intern Vertriebenen in städtischen und ländlichen Gebieten der Oblaste Zakarpattia und Winnyzja und Dnipropetrowsk humanitäre Hilfe zu leisten. Sie werden durch psychosoziale Beratung umfassend unterstützt und gestärkt. In städtischen Gebieten wurde ein Safe Space für Frauen und Mädchen eingerichtet, der für sie eine wichtige Gelegenheit bieten, Kontakte zu knüpfen und ihre sozialen Netzwerke wieder aufzubauen und neue berufliche Fähigkeiten zu erwerben und Zugang zu sicheren und auf die Betroffenen ausgerichtete GBV-Dienste (rechtlich, medizinisch, psychologisch, psychosozial) gewährleistet. Im Safe Space erhalten sie Informationen zu Frauenfragen, Zugang zu Case-Management-Diensten und der Zugang zu externen Diensten wie der sexuellen und reproduktiven Gesundheitspflege wird ihnen erleichtert.
deckung der grundbedürfnisse
Die intern Vertriebenen im Projektgebiet kamen hauptsächlich aus den angegriffenen östlichen und südlichen Teilen des Landes sowie aus den Kiewer Regionen. Sie verliessen ihre Häuser mit nur wenigen Habseligkeiten, und insbesondere diejenigen, die in Sammelunterkünften und/oder abgelegenen, ländlichen Gebieten leben, haben kaum genügend finanzielle Mittel, um ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Diese Bedürfnisse werden in den Wintermonaten und durch die Zerstörung grundlegender Infrastruktur durch die russischen Angriffe noch dringender. Insbesondere in den abgelegenen Gebieten sind die Vertriebenen nicht nur mit extremer Härte sondern auch mit weniger Unterstützung von der Regierung und humanitären Organisationen konfrontiert. Deshalb werden sie mit Bargeldzahlungen und Sachgütern für die Deckung der Grundbedürfnisse unterstützt. Für die Überwinterung verteilten wir im gesamten Einsatzgebiet zudem Heizgeräte und Brennstoff.
EVAKUIERUNGEN der betroffenen
Unsere Partnerorganisation Vostok SOS evakuiert seit Beginn des Krieges Menschen aus den besetzten und wieder befreiten Gebieten, die sich in der Nähe aktiver Kampfhandlungen befinden. Das Team verfügt über Fahrzeuge für die Evakuierung und reist in der Regel von den Oblasten Dnipropetrowsk und Donezk in die besetzten Dörfer und Städte der Regionen Charkiw und Donezk sowie an die Frontlinie, je nach den Wünschen der Menschen, die ihre Orte verlassen wollen. Diese Evakuierungen sind sehr gefährlich, da Gebiete mit Strassensperren und mit aktivem Beschuss durchquert werden müssen. Die Menschen, die ihre Häuser nicht bereits zu Beginn des Kriegs verlassen haben, sind Menschen, die aufgrund der körperlichen Verfassung oder aus finanziellen Gründen dazu nicht in der Lage waren. Nach der Evakuierung aus den gefährlichsten Gebieten werden sie an sicherere Orte in der Zentral- oder Westukraine gebracht, wo sie in Sammelunterkünften unterkommen, die zumindest weiter von schweren Angriffen entfernt, besser geschützt sind und einen besseren Zugang zu den von ihnen benötigten Dienstleistungen und Gütern haben. Jede*r Begünstigte erhält ein Ankunftspaket mit Grundnahrungsmitteln und Hygieneartikel und hat Anspruch auf weitere Unterstützung bei der Umsiedlung durch das Projekt.
Unser Einsatzgebiet in der Ukraine: die Regionen Transkarpatien und Winnyzja und Dnipro.
Expertise von lokalen Partnerorganisationen
Vostok SOS ist eine Nichtregierungsorganisation, die als freiwillige Bürgerinitiative und Hotline im Mai 2014 von Zivilist*innen und Menschenrechts-Aktivist*innen gegründet wurde. Damals begannen sie, die Opfer der militärischen Aggression im Osten des Landes und auf der Krim zu unterstützen. Vostok SOS beteiligte sich auch an der Suche nach und Rehabilitierung von Opfern von Entführungen, beobachtete und dokumentierte Menschenrechtsverletzungen und berichtete über die Lage in den Regionen Donezk und Luhansk. Die Organisation verfügt über ein ausgedehntes Netz in der gesamten Ukraine. Wir sind in Transkarpatien und Dnipropetrowsk tätig. Dasim Westen der Ukraine liegende Transkarpatien grenzt an die EU-Staaten Rumänien, Ungarn, Slowakei und Polen und ist bisher vom Krieg weitgehend verschont geblieben. Es liegt an der Fluchtroute nach Westeuropa und damit in der Region mit den meisten Binnenvertriebenen. Dnipropetrowsk grenzt an die stark umkämpften Oblaste Donezk, Luhansk und Saporischschja und gilt daher als eine der ersten Anlaufstellen für Menschen, die vor den Kämpfen an der Frontlinie fliehen, obschon Dnipropetrovsk selbst Ziel mehrerer Angriffe war und noch immer ist. Mehr als 340’000 Binnenvertriebene befinden sich in dem Oblast und machen es zu einem der grössten Zentren für Binnenvertriebene.
VIS hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Diskriminierung von gefährdeten Gruppen zu bekämpfen, die Rechte von Frauen und Mädchen zu schützen und geschlechtsspezifischer Gewalt zu bekämpfen. Die Organisation wurde 2010 gegründet und hat seitdem mehr als 70 Projekte durchgeführt. Der Hauptschwerpunkt liegt auf der Förderung von Gleichstellung und Unterstützung von Frauen in Führungspositionen, Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, Unterstützung von Organisationen der Zivilgesellschaft, Informations- und Bildungsaktivitäten im Bereich der Menschenrechte und Antidiskriminierung. VIS hat ihren Sitz in Winnyzja. Winnyzja gehört zur Zentralukraine und grenzt im Süden an Moldawien. Die Stadt liegt auf der Evakuierungsroute aus der vom Krieg zerrissenen Ostregion in Richtung Westen und wird daher möglicherweise weiterhin mit vielen Binnenvertriebenen konfrontiert sein.
Solidar Suisse in Rumänien
Unsere Arbeit mit zwei Partnerorganisationen in Rumänien, die sich auf die Unterstützung von Geflüchteten aus der Ukraine konzentriert, wird weiterhin fortgeführt.
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