Am untersten Ende des Wohlstands

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Die Corona-Pandemie hat verschärft, was schon immer da war: Die extreme Ungleichheit weltweit. Während die Vermögen der Milliardär*innen immun gegen Krisen scheinen, leben immer mehr Menschen in Armut. Wir unterstützen diese Menschen in ihrem Kampf für faire Löhne und anständige Arbeitsbedingungen.

Am 25. November veröffentlicht das Magazin «Bilanz» die jährliche Liste der 300 reichsten Schweizer*innen. Angeführt wird die Spitze von Menschen wie Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher, Alinghi-Segler Ernesto Bertarelli. Auch Ivan Glasenberg, der bis vor Kurzem Glencore CEO war, ist darauf zu finden. 2022 bringen die 300 Reichsten im Land ein Vermögen von 820,975 Milliarden Franken auf die Waage. Würde dieses Geld auf die Bevölkerung in der Schweiz aufgeteilt, erhielt jede*r Einwohner*in über 93‘000 Franken. Das Gesamtvermögen der Superreichen hat zwar erstmals seit Jahren abgenommen, dennoch zeigt es sich widerstandsfähig. 573 neue Milliardär*innen hat die Pandemie in den letzten zwei Jahren hervorgebracht, während zur selben Zeit Hunderte von Millionen von Menschen in Arbeitslosigkeit und Armut rutschten. Allein dieses Jahr droht weiteren 263 Millionen (!) Menschen extreme Armut, also ein Leben mit weniger als 2.15 US-Dollar pro Tag. Diese extreme Ungleichheit darf nicht sein.

Deshalb setzen wir uns mit der Kampagne «Challenge die Superreichen» dafür ein, dass das Bewusstsein für diese wachsenden Ungleichheiten steigt – und dass jene Menschen unterstützt werden, die am untersten Ende unseres kapitalistischen Wirtschaftssystems schuften und trotzdem nicht genug zum Leben haben. Es sind Arbeiter*innen in Kambodscha, die nicht genug zum Leben verdienen. Es sind die Frauen, die in El Salvador auf die Strassen gehen müssen, um ihre Rechte einzufordern. Oder die Jugendlichen in Burkina Faso, die dringend eine Arbeit suchen – inmitten sozialer und militärischer Unruhen und den spürbaren Folgen des Klimawandels. Sie verdienen unsere Aufmerksamkeit.

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Khin San Win, Thailand

Khin San Win lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in der thailändischen Provinz Tak. Sie sind myanmarische Einwanderer. Ihr Mann und einer der Söhne arbeiten auf Mais- und Chilifarmen. Khin San Win ist für die Hausarbeit zuständig und arbeitet nebenbei ebenfalls auf den Farmen. Sie erhält 150 Baht (5 USD) pro Tag, während die Löhne der Männer 200 Baht (6,67 USD) pro Tag betragen. Seit dem Ausbruch von COVID-19 können sie nur noch in einer begrenzten Anzahl von Betrieben arbeiten, was zu einem Rückgang des Familieneinkommens von 6000 auf 2000 Baht (66,67 USD) pro Monat geführt hat. Dieser Betrag deckt nicht einmal die Kosten für Grundnahrungsmittel für die fünfköpfige Familie. «Wir fühlen uns als Ernährer der Familie so gestresst, denn egal wie viel wir arbeiten und versuchen, genug Geld für die täglichen Ausgaben zu verdienen, es reicht einfach nicht», sagt Khin San Win.

Bernard Ilboudo, Burkina Faso

Bernard Ilboudo ist 25 Jahre alt und kommt aus dem Dorf Kiendpalgo. Er hat eine motorische Behinderung und hatte nie die Möglichkeit zur Schule zu gehen. Trotzdem hat ihn das nicht davon abgehalten, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Vor einigen Jahren hatte er dank eines Programms von Solidar Suisse die Möglichkeit, eine Ausbildung zum Frisör zu absolvieren. Sein Vater war dagegen, trotzdem reiste Bernard Ilboudo in die nächstgrössere Stadt, lebte mit seiner Tante. Da die Mittel knapp waren, erhielt er nur zweimal pro Woche Essen. «Es war eine harte Zeit. Aber ich wollte meinen Vater stolz machen.» Heute lebt er wieder in seinem Heimatdorf, arbeitet als Frisör und betreibt nebenbei Viehzucht. «Es soll ein Neuanfang mit besseren Aussichten für die ganze Familie sein», sagt er.

Monowara Begum, Bangaldesch

Monowara Begum ist 42 Jahre alt, eine geflüchtete Rohingya, geschieden und lebt mit ihrer kranken Mutter in einer Hütte im grössten Flüchtlingslager der Welt, in Kutupalong. Ihren Job als Dienstmädchen verlor sie während der Covid19-Pandemie. «Wir leben von der Hand in den Mund», sagt sie. Dank einem Programm von Solidar Suisse konnte sie Saatgut für den Anbau von Gemüse kaufen und hofft, damit ein regelmässiges Einkommen zu erzielen. «Ich möchte im grossen Stil Gemüse und Reis anbauen, damit wir Geld zum Leben – und für die Medikamente für meine Mutter – haben. Denn so schwierig, wie das Leben jetzt ist, soll es nicht für immer sein.»

Melisa Kešmer Memić, Bosnien-Herzegowina

Melisa Kešmer Memić arbeitet seit neun Jahren in einer Schuhfabrik in Sarajewo. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder, 4 und 13 Jahre alt. Das Verhältnis zwischen dem Umfang ihrer Arbeit und ihrem Lohn bezeichnet sie als miserabel. «Wir leben in der Fabrik. Wir kommen nur zum Schlafen nach Hause, weil wir müde und erschöpft sind. Die Lebensqualität ist gleich Null.» Sie arbeitet zum Mindestlohn von 540 BAM (270 Euro) pro Monat. «Wenn das Einkommen meines Mannes nicht wäre, wüsste ich nicht, was wir tun würden – vor allem auch wegen der Inflation. Wir schlagen uns von Monat zu Monat durch», sagt sie.

Soe Lwin, Thailand

Soe Lwin ist ein Wanderarbeiter aus Myanmar, der vor 23 Jahren nach Thailand kam. Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern auf einer Plantage in der Provinz Phang Nga. Die Arbeitgeber neigen dazu, Einheimische gegenüber Wanderarbeitern zu bevorzugen – obwohl Soe Lwin seit 18 Jahren auf den Plantagen arbeitet. Er erhält etwa 0,70 Baht (0,025 USD) pro Kilogramm gepflückter Früchte. Vor der Pandemie arbeitete er bis zu 25 Tage im Monat und erhielt einen Lohn von 400 Baht (13,33 USD) pro Tag, was einem monatlichen Einkommen von etwa 8000 Baht (267 USD) entspricht. Nun kann er nur noch 16 bis 17 Tage pro Monat arbeiten, wodurch ihm und seiner Familie monatlich knapp 6000 Baht (200 USD) zum Leben bleiben. «Wir müssen zudem ihre Arbeitserlaubnis hier in Thailand verlängern, damit wir weiterhin Geld verdienen können. Es wird uns jedoch mindestens 35000 Baht kosten. Ich hoffe, wir finden eine Lösung.»

Angelina Herinques, Moçambique

Angelina Herinques ist Mutter von vier Kindern und Lehrerin in Macate in Zentralmoçambique. Sie lebt ein einfaches Leben fernab von Grossstädten. In Macate sind die Strassen nicht betoniert, fliessend Wasser gibt es nicht. Über ihre Lebenssituation beklagt sie sich aber nicht. «Mir geht es besser als anderen Frauen.» In Moçambique sind 48 Prozent der Mädchen unter 18 Jahren verheiratet. Kinderehen sind in den ländlichen Regionen weit verbreitet. «Unsere Töchter werden im Alter von 12, 13 Jahren mit älteren Männern verheiratet. Spätestens wenn sie schwanger werden, müssen sie die Schule verlassen. So ist es schwierig, einen Weg aus der Armut zu finden.»

Maria Yolanda Zamora Esobar, El Salvador

Maria Yolanda Zamora Esobar ist 26 Jahre alt und alleinerziehende Mutter einer vierjährigen Tochter. In den letzten Jahren hat sie sich mit Schulungen von Solidar Suisse viel Wissen im Bereich der Landwirtschaft angeeignet und ihre Hünerzucht weiter ausgebaut. «Ich habe zwischen 75 und 100 Hühner, die ich an die Mitglieder meiner Gemeinde verkaufe. Es bleibt jedoch schwierig, einen Gewinn zu erzielen. Die Inflation trifft uns stark, insbesondere durch die Preise für das Tierfutter. Ausserdem ist der Transport der Hühner aufgrund der schlechten Strassen und der hohen Transportkosten schwierig. Mein Wunsch ist es jedoch, mein Geschäft weiter auszubauen, um mehr Geld zu verdienen und weiterhin meine Mutter und meine Tochter zu unterstützen.»

Muhammad Rafiq, Bangladesch

Muhammad Rafiq ist 28 und lebt seit fünf Jahren im grössten Flüchtlingslager der Welt: In Kutupalong in Cox's Bazar. Er floh als verfolgter Rohingya aus Myanmar. «Wir sind hier her gekommen, um zu überleben», sagt er. Um ein wenig Geld zu verdienen, arbeitet er als Frisör - in einem Lager mit 900'000 anderen Geflüchteten. Die Bedingungen sind entsetzlich. Die Menschen leben auf engstem Raum, in Unterkünften aus Plastikplanen und Bambus. Immer wieder brechen Feuer aus und Überschwemmungen setzen alles unter Wasser. Den Menschen fehlt es an Nahrung, sauberem Wasser, Sanitäranlagen und medizinischer Versorgung.

Casilda Belges, Moçambique

Casilda Belges Heimatdorf Muchenessa wurde 2021 durch den Zyklon Eloise dem Erdboden gleichgemacht. Sie verlor ihr Haus, ihr Feld und damit auch ihre Lebensgrundlage als Bäuerin. Um sich vor den herannahenden Wassermassen zu retten, flüchtete sie mit ihren zwei kleinen Kindern auf einen Baum. Dort harrten sie fast zwei Tage lang ohne Wasser und Nahrung aus, bevor sie gerettet wurden. Nun lebt sie mit ihren Kindern im Wiederansiedlungsdorf Guara Guara im Distrikt Buzi. Sie hat sich Schritt für Schritt ihre Existenz wieder aufgebaut, lebt nun in einer Lehmhütte mit Strohdach und hat eine saubere Latrine. Dennoch ist es für sie als Alleinversorgerin sehr schwer ihre zwei kleinen Kinder zu ernähren. Die diesjährige Dürre hat ihre gesamte Ernte zerstört. «Wir essen ein Mal pro Tag. Oft muss ich meinen Kindern aber sagen: Mama hat heute gar nichts für euch. Sie kennen das schon und beschweren sich nie.» 

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